Fastnachtssitzung der Turngemeinde Schierstein

Wiesbadener Kurier (Montag, 10.02.2020)
Von: Malte Albrecht

Zwölf hauseigene Programmpunkte brachten die Georg-Lang-Halle zum Beben.

SCHIERSTEIN – C02-freie Raketen, Geister und Geisterjägerinnen, ausgeklügelte Choreographien und 300 Gäste, die die Georg-Lang-Halle zum Beben brachten: das war die „Stifterabbeler-Fastnacht“ der TG-Schierstein unter dem Motto „Die TG Schierstein feiert, dass es kracht, die Stifterabbeler-Fassenacht!“. „Damit können wir arbeiten“, kommentierten die Moderatorinnen der „Hitparade“, Sarah Brühl und Nora Sauke, die Stimmung. Und es wurde gearbeitet – mit dem Kopf, der Stimme und vollem Körpereinsatz. Schließlich steht das „TG“ für Turngemeinde. Den ersten Beweis lieferte die Tanzcombo „TG Marinas“. Im Schwarzlicht tanzten leuchtende Silhouetten aus dem „Gruppenzwang in die Individualität“. Das Gardetanzpaar Tamina Lang und Marc Mühling, zehn und elf Jahre alt, eroberte die Herzen des Publikums im Sturm, ebenso wie das Gardeduo „KlausBraus“.

Die Formation „Most Wanted“ entführte das Publikum mit Hut und Sakko in die Welt der Ganoven und zeigte, dass Tanzen nicht den Frauen vorbehalten ist. Ebenso wie die Tänzerinnen von „TaZu“ boten sie eine rasante Choreografie. Die Trainerin der beiden Gruppen, Joana Leininger, stellte ihr Können auch auf der Bühne unter Beweis.

Es war eine Sitzung der Jubiläen. Die Unterhaltungsriege des TG Schierstein feiert ihr 125-jähriges Bestehen, Volker Dietz gestaltete mit seinen „Haafedabscher“ das Eröffnungsspiel im fünfunddreißigsten Jahr. Es war für den Sitzungspräsidenten auch ein Grund zurückzuschauen auf die Vereinsgeschichte: „Wir machen alles selber und für kein Geld der Welt“.

Selbstgemacht wie alle 16 Programmpunkte waren auch die „TG Narrrichten“ von Joachim Zander. Grund zur Sorge vor Themenknappheit gab es nicht: ob nun die „tatenlosen Versprechen der Politiker“, die Greta Thunberg zwangen, die Schule zu bestreiken, die Temperaturrekorde, die erfolgreichen Versuche der Bundeswehr, Wälder mit Raketen in Brand zu setzen oder das „machtgeile Fünf-Prozent-Würstchen“ in Thüringen. Die närrische Presse verschwieg dem Publikum nichts.

Die Gesangsriege mit 18 Männerstimmen der TG und Fidelio unterhielt in Seemannsmanier mit Klavierbegleitung. Der Monolog „Ungereimt“ hatte eine „Zellteilung“ hinter sich und präsentierte sich als Zwiegespräch zwischen Susanne und Urban Egert. Das Gespann zeigte, dass die umkämpften Wahrheiten über die Welt und Schierstein oft nur einen Blickwinkel von einander entfernt liegen.

Die Turner von den Panzerknackern samt einer Panzerknackerin wagten den Spagat zwischen Turnen und Slapstick, begleitet vom Lachen und angehaltenen Atem der Gäste. Die Damen von den „Dienstagsfrauen“ und dem „Albtraumchor“ zeigten die kulturelle Vielfalt „Spananischer Tänze“ und der Bergwelt: Après-Ski-Häschen, Jägerglück und Zorro.

Thomas Kehl präsentierte als Präsident des befreundeten Vereins „Chorania Frankenthal“ die Lebenswelt eines gesunden Kranken. Wer bis dahin eine Krankheit nicht kannte, kannte nun alle.

Der Sitzungspräsident leitete souverän durch ein umfangreiches Programm, wären da nicht die Geister vergangener Fastnachtsfeiern, die Publikum und Bühne durcheinanderwirbelten. Mit den „Ghostbusters“ hatte das Präsidium allerdings vorgesorgt – der Himbeergeist musste zurück in die Flasche.

Publikum und Präsidium zeigten sich nach dem traditionellen „Schiersteiner Lied“ begeistert. „Wenn 300 Gäste einen schönen Abend haben, dann ist das unser Beitrag für Schierstein“, sagte Rudi Witte, der Vorsitzende. Wer wissen möchte, was es mit der Rakete auf sich hat, sollte im nächsten Jahr die Stifterabbeler-Fastnacht nicht verpassen. Oder er fragt sich durch beim „TG Night Fever“ am 22. Februar um 20.11 Uhr in der Georg-Lang-Halle in Schierstein.